Das Zwangsversteigerungsgesetz – Umzug ins Strafrecht dringend erwünscht!

Das Zwangsversteigerungsgesetz und damit das ganze hierzu gehörende Verfahrensrecht ist eine Ausgliederung und damit Unterrubrik zur Zivilprozessordnung (ZPO). Aus triftigen Gründen sollte das geändert werden. Neuer “Wohnort” des ZVG sollte der Raum des Strafrechts sein. Warum dies angemessen wäre und insbesondere zu mehr Gerechtigkeit führen würde, soll im folgenden genauer erörtert werden:

Im Zivilrecht, also auch im Vollstreckungsrecht, zu dem das Zwangsversteigerungsgesetz (ZVG) gehört, gilt grundsätzlich der Antragsgrundsatz, also wird das Gericht nur auf Antrag einer Partei, der Gläubigerin ebenso wie der Schuldner, überhaupt tätig. Eine Berechtigung zur Ermittlung für das Gericht besteht nicht, nur sehr wenige Ausnahmen wie z.B. in den Fällen des § 180 Abs. 3 ZVG (Kindeswohlgefährdung) oder bei Verletzungen des Art. 2 Abs. 2 Grundgesetz (GG) können hier eine andere Spur legen. Stützt sich so ein Antrag auf Tatsachenvortrag, ist dieser vom Antragsteller hinreichend glaubhaft zu machen, also bestmöglich zu beweisen, was mitunter für den Schuldner ein schwieriges bis nahezu unmögliches Unterfangen ist.

Das Zwangsvollstreckungsverfahren schließt auch regelmäßig die Berücksichtigung von der Zwangsvollstreckung entgegenstehenden Umständen aus, soweit sie dem materiell-rechtlichen Bereich zuzuordnen sind, also beispielsweise das schuldrechtliche Innenverhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner betreffen. Hier ist der Schuldner regelmäßig darauf angewiesen, gegen seine Bank in teilweise komplexen und langwierigen Prozessen vorzugehen, die aber zunächst keine hemmende Wirkung auf den Fortgang der Zwangsvollstreckung entfalten, es sei denn, dass Prozessgericht erlässt eine entsprechende Verfügung (§ 769 Abs. 1 ZPO) und untersagt vorläufig die Zwangsvollstreckung zur Meidung irreparabler wirtschaftlicher Schädigungen – was aber nur geschieht, wenn die Sache von vorneherein hinreichend Aussicht auf Erfolg hat. Erst wenn in der Sache dann ein rechtskräftiges Urteil vorliegt, ist dies auch vom Vollstreckungsgericht vollumfänglich zu berücksichtigen.

Schuldner in der Zwangsvollstreckung sind größtenteils wirtschaftlich völlig ausgeblutet und können sich in der Regel keine kompetente anwaltliche Unterstützung “einkaufen”. Haben sie sogar wider Erwarten eine Rechtsschutzversicherung, schließt diese in den meisten Fällen eine Kostenerstattung im Vollstreckungsverfahren aus, lediglich “Nebenkriegsschauplätze”, welche nicht primär die Vollstreckungsvorgänge selbst betreffen, können da eventuell doch nicht von der Sperre betroffen sein. Da in der Zwangsversteigerung gemäß § 13 Rechtspflegergesetz keine Anwaltspflicht herrscht und die meisten Schuldner sich sowieso ohne Gegenwehr “abschlachten” lassen, ist die Anwaltschaft auch größtenteils mangels täglicher Praxis im Vollstreckungsrecht auch nicht hinreichend bewandert, um wirksame Hilfe anbieten zu können.

Der verteidigungswillige Schuldner ist also in der Regel darauf angewiesen, sich selbst in einem maximalen Crash-Kurs in die Materie einzuarbeiten oder aber er greift auf eines oder mehrere der zahlreichen nichtanwaltlichen Offerten zurück, die im Internet oder auch kurz vor dem Versteigerungstermin im Briefkasten zu finden sind, welche leider oft mehr als unzuverlässig sind, da der Kompetenz-Hintergrund gerade auch in juristischer Hinsicht fast immer nur unzureichend vorhanden ist und die hilfesuchenden Schuldner dabei bloß “abgezockt” werden, weil sie deswegen tatsächlich auf diesem Wege keine wirksame Hilfe erhalten können, wie sich leider immer wieder zeigt.

“Schuldner sind Verbrecher”. Das ist nicht nur in breiten Teilen der Bevölkerung die gängige Meinung, sondern auch manches Gericht versteigt sich zu Formulierungen, die in die gleiche Kerbe hauen, beispielsweise so: “Anhaltspunkte dafür, dass es sich beim Schuldner hier um einen besonders redlichen Schuldner handelt, bei dem ausnahmsweise jegliche Gefahr von Beseitigungshandlungen auszuschließen sind, bestanden beim Amtsgericht nicht, so dass von einer Anhörung abgesehen werden konnte. (Landgericht Bamberg, Beschluss vom 24.02.2012, AZ: 3 T 30/12)”

Unbestreitbare Tatsache ist es auch, dass nahezu jeder Schuldner insbesondere im Zwangsversteigerungsverfahren hochgradig mit einer “Geldstrafe” meist immensen  Ausmaßes belegt wird, indem er nämlich sein Immobilieneigentum weit unter Marktwert entwendet bekommt. Hier möchte ich zunächst nicht auf die regelmäßig angewandten “miesen Tricks” mancher Gläubiger eingehen, die zu einer zusätzlichen Schädigung des Schuldners durch ungerechtfertigte Bereicherung seitens der Gläubiger und anderer Verfahrensbeteiligter führen.

Der Schuldner und seine Familie werden aber auch auf sozialer Ebene “bestraft”. Der tatsächliche Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte, der grundgesetzlich geschützten “Würde des Menschen” mit all der damit verbundenen Stigmatisierung, dem Unverständnis bis hin zum Mobbing auch den Kindern gegenüber in der Schule sowie vielen anderen Verletzungen mehr, welche die Gesellschaft gegenüber insofern “straffällig” gewordenen Schuldnern anzuwenden sich berechtigt fühlt, schlagen tiefe Wunden und beschädigen die Menschen in der Seele und der körperlichen Gesundheit. Familien brechen auseinander und die Folgen reichen oft noch hinüber in die beiden nächsten Generationen. Dabei sind vor allem diejenigen Menschen betroffen, deren eigenes erlerntes “unmenschliches Wertesystem” analog zur Gesellschaft angelegt ist und damit regelmäßig zur äußerlichen Verurteilung die innere Selbstverurteilung hinzu kommt.

Der somit vielfach gestrafte Schuldner hat im Zivilrecht damit eigentlich nichts verloren. Daher plädiere ich allein schon aus diesen Gründen dafür, dass das Zwangsversteigerungsgesetz dem Zivilrecht entrissen wird und der Schuldner zukünftig unter dem Schutz des Strafrechts diejenigen Grundrechte genießt, die auch anderen Straftätern nicht vorenthalten werden.

Dies ist beispielsweise die “Unschuldsvermutung” aus Art. 6 MRK (Europäische Menschenrechtskonvention) , wonach jeder als unschuldig zu gelten hat, solange das Gegenteil nicht rechtkräftig festgestellt worden ist (in dubio pro reo). Eine Beschuldigung durch jedermann, wie es unserem Schuldner widerfährt, wäre dann konsequenter Weise unter Strafe zu stellen und niemand dürfte mehr dermaßen mit dem Finger auf ihn zeigen, wie das derzeit noch regelmäßig und schamlos geschieht.

Als vermeintlicher “Straftäter” wäre unser Schuldner auch weit besser geschützt vor rechtsmissbräuchlichen Willkürakten durch Rechtspfleger und Richter, welche leider ihren “Ermessensspielraum” bei Entscheidungen oft mit einer unglaublichen Unberührtheit zum ausdrücklichen Nachteil des Schuldners ausüben.

Der wichtigste Vorteil für den Schuldner aber wäre es, dass das Gericht dann nicht nur nach dem Antragsgrundsatz arbeitet, sondern der Ermittlungsauftrag des Gesetzgebers ein weites Tor öffnen würde, welches den meisten Schuldnern im zivilrechtlichen Raum verschlossen bleibt, nämlich die von Gerichts wegen anzustrengende Untersuchung des Gläubigerverhaltens im Zusammenhang mit den Voraussetzungen für das  Vollstreckungsverfahren. Der Gläubiger müsste dann beispielsweise im Rahmen einer Beweisaufnahme offenlegen, ob er alles richtig gemacht hat, bevor das Vollstreckungsverfahren beginnt. So würden häufig vorkommende Falschabrechnungen offenbar, Wertstellungsfehler, falsche Zinsen, gesetzwidrige Kosten etc. würden aufgedeckt und es würde sich oft zeigen, dass der Schuldner bei seiner Kreditkündigung bei korrekter Abrechnung tatsächlich gar nicht im Minus befand und die Kündigung daher zu Unrecht ergangen ist, oder gar dass die gesamte Kreditvergabe schon unverantwortlich geschehen ist, indem der Schuldner von vorneherein wirtschaftlich überfordert gewesen ist und damit den Kreditgeber eine hohe Mitschuld bzw. Mitverantwortung trifft.
Natürlich müsste das Zwangsversteigerungsgesetz in manchen Punkten umgeschrieben und erweitert werden, die derzeit absolut “isolierte Rechtsinsel” des Zwangsversteigerungsverfahrens müsste sich in materiell-rechtlicher Hinsicht öffnen dürfen, so manche gesetzlichen Aussagen müssten präzisiert werden, um dem derzeit geübten Missbrauch vorzubeugen, gewohnheitsmäßige pauschale Urteile durch die Gerichte, welche gewissermaßen mit dem berühmten “Knopfdruck” vorgefertigter Begründungstexte behaftet sind, müssten der Ächtung anheimfallen und vieles mehr, was in einem späteren Artikel zur Sprache kommen wird.

Alles in allem: Lasst und das werden – auch vor dem Gesetz – was alle schon jetzt glauben aus uns machen zu dürfen: Bereits Bestrafte und insofern gewissermaßen rechtmäßige “Straftäter-Verwandte” – und lasst uns Schutz suchen unter dem behütenden Schirm der Strafgerichtsbarkeit dieses Landes.
10.09.2013     Admin

Print Friendly, PDF & Email