BZVI-Fall löst Gesetzesänderung aus

Am 26. März 2009 hatten wir im Fall eines unserer Mitglieder beim BGH gewonnen (wir berichteten seinerzeit darüber) und damit ein Tor geöffnet, gegen das bereits viele Jahre unzählige Anwälte vergeblich angerannt waren: Die Erkenntnis, dass auch im Zivilrecht die Belehrung über mögliche Rechtsbehelfe und deren Einlegungsfristen aus verfassungsrechtlichen Gründen notwendig ist. Der BGH hatte das damals in einem Leitsatz so formuliert: “Für die gemäß §§ 869, 793 ZPO befristeten Rechtsmittel in Zwangsversteigerungsverfahren ergibt sich unmittelbar aus der Verfassung das Erfordernis einer Rechtsmittelbelehrung.” Am 09. Mai 2012 nun hat die Bundesregierung eine entsprechende Gesetzesänderung beschlossen und die Rechtsmittelbelehrung im Zivilprozess verbindlich vorgeschrieben für Verfahren, in denen kein Anwaltszwang herrscht.

Zunächst hatte dieser BGH-Beschluss (AZ: V ZB 174/08) “nur” eine interne Empfehlung des Justizministeriums an die deutschen Gerichte ausgelöst, in der die Erteilung von Rechtsmittelbelehrungen zu den Gerichtsbeschlüssen nahegelegt wurde. Bei manchen Gerichten führte dies auch zu einer bislang nicht dagewesenen differenzierten Form von konsequenten Rechtsmittelbelehrungen in Zivilprozessen, auch da, wo Anwaltszwang herrscht. In einem Fachartikel (LMK, 2009, 284343) erläuterte Herr Prof. Dr. Jürgen Stamm von der Universität Erlangen-Nürnberg, Lehrstuhl f. Bürgerliches Recht etc. den BGH-Beschluss unter anderem wie folgt: “Mit der vorliegenden Entscheidung betritt der BGH für den Bereich des Zivilverfahrensrechts juristisches Neuland!” und “… wäre der Gesetzgeber gut beraten, das berechtigte Anliegen des BGH konsequent fortzuführen und das Erfordernis einer Rechtsmittelbelehrung in die Zivilprozessordnung einzuarbeiten.”

Dazu ist es inzwischen gekommen, indem nämlich das Bundesjustizministerium nach dem einstimmigen Beschluss der JustizministerInnen am 23./24. Juni 2010 in Hamburg, die Pflicht zur Rechtsmittelbelehrung in die entsprechenden Gesetze einzuarbeiten, mit Datum vom 15.06.2011 einen Regierungsentwurf zu einer sich auch auf den genannten BGH-Beschluss beziehenden entsprechenden Gesetzesänderung vorgelegt hat, welche über folgenden Link nachzulesen ist. RegE_Gesetz_zur_Einfuehrung_einer_Rechtsbehelfsbelehrung_im_Zivilprozess.html

Am 09. Mai 2012 nun hat die Bundesregierung diesen Gesetzesentwurf beschlossen, die Gesetzesänderungen sollen zum 01.01.2014 in Kraft treten. Auch wenn der Regierungsentwurf die eingearbeiteten Mussvorschriften zur Rechtsbehelfsbelehrung auf Verfahren ohne Anwaltszwang beschränkt, wird sich jedoch mit der Zeit eine höchst vorsorglich auch die Anwaltsverfahren mit einschließende allgemeine Verfahrenspraxis der Gerichte einstellen – so zumindest ist das meine Hoffnung. Ob die Nutznießer dieser Neuerung, nämlich hier bei uns die Schuldner in Zwangsvollstreckungsverfahren, dem einen praktischen Wert beimessen und die größere Informationsbreite dann für ihre Zwecke auch anwenden werden, bleibt jedoch sehr fraglich, insbesondere wenn ja nicht einmal die Mitglieder des BZVI es trotz regelmäßiger Empfehlung fertig bringen, zumindest einmal das Zwangsversteigerungsgesetz zu lesen – aus welchen Gründen auch immer.

Zugegebenermaßen hatten wir nicht im Sinn, hier eine derartige Lawine loszutreten, wir wollten nur unseren Fall gewinnen wie jeder andere auch, und das haben wir ja denn auch erreicht. Gleichwohl macht es aber besondere Freude – durch die damals offenbare Gunst der Stunde, das Mitwirken einer mutigen Richterin am LG Augsburg, die den Weg zum BGH freimachte, indem sie einen Kammerbeschluss mit ausdrücklicher Zulassung der Rechtsbeschwerde herbeiführte, gewiss auch die im Rahmen eines PKH-Antrags an den BGH vorgetragenen Gedanken zur Sache -, an einer Entwicklung mitgewirkt zu haben, die dann allen Bürgern prinzipiell zugute kommen wird.

Andechs, 12.05.2012

Euer Admin

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