Gestern erhielt ich einen Anruf von einem Immobilienmakler, der oftmals für Gläubigerbanken tätig ist mit dem Ziel, die in einer Zwangsversteigerung befindlichen Objekte bestmöglich “an den Mann” zu bringen. Das ist in dieser Zeit des rasanten Niedergangs des Immobilienmarktes gewiss keine leichte Aufgabe.
“An den Mann” bringen heißt erfreulicher Weise nicht mehr nur wie noch bis vor kurzer Zeit, dass man einen fremden Dritten für so ein Objekt interessiert und entsprechende Vereinbarungen mit vorher festgelegtem Versteigerungserlös, ggf. abgesichert durch eine Ausbietungsgarantie des Erstranggläubigers, trifft. Vielmehr werden Tendenzen sichtbar – sei es wegen der allgmeinen Vermarktungsnot oder auch aus Gründen menschlicher und sozialer Vernunft -, dass nun auch Familienangehörige der von der ZV Betroffenen als mögliche Erwerber in Frage kommen und nicht mehr der Sippenhaft unterliegen.
Nachdem wir uns eine Zeit lang ausgetauscht hatten auch über die Vorgehensweisen und Ziele des BZVI, meinte mein Gesprächspartner: “So, wie sich das jetzt aus unserem Gespräch erschließt, stimmt das ja gar nicht, was die Banken über Sie sagen…! Denn Sie sind in Bankkreisen allgemein als »Versteigerungs-Verhinderer« bekannt….”
Ein wenig gelacht habe ich schon, aber auf der anderen Seite ist es natürlich bedauerlich, dass wir in unserem Bemühen anscheinend von so manchem missverstanden werden, mitunter auch von unseren Mitgliedern, die in ihrer akuten Not (verständlicher Weise) nur auf den drohenden “Termin” starren und von uns gewissermaßen erwarten: “Mach’ das weg!…”
Was ist denn das “Gespenst” des Versteigerungs-Verhinderers? Dieses Schimpfwort hat viele Facetten: Dubiose Hoffnung auf einen meist kurzatmigen Zwischensieg, Angst und Ärger seitens der Gläubiger, die mitunter viel Zeit verlieren, Unmut auch bei manchem Rechtspfleger, der seine Zeitplanung über den Haufen geworfen sieht, aber auch das Bild des Heckenschützen, der mit wehendem Rock auf dem Plan erscheint, um dem Gericht seinen ultimativen Trick zu präsentieren, mit dem er das Getriebe der “Gerechtigkeit” brutal zum Stillstand zwingt….
Dabei wäre es doch streng genommen eigentlich allen Beteiligten lieber, wenn die Zwangsversteigerung verhindert werden könnte, oder etwa nicht? Das Gericht wäre nicht permanent so überlastet, die Gläubiger müssten evtl. nicht so hohe Wertberichtigungen machen, und die Familien der Betroffenen könnten in menschlicher und sozialer Stabilität weiter leben und einen Neuanfang machen. Hinzu kommt natürlich die volkswirtschaftliche Gesamtsicht, aus der heraus sich jede andere Lösung als der Existenz vernichtende Akt der (letztlich doch meist stattfindenden) Verschleuderung immer als gesamtwirtschaftlich besser erweist als die übliche Herabstufung auf unterstes soziales Niveau mit der entsprechenden Hilfsbedürftigkeit, für die die Gesellschaft dann aufkommen muss. Auch die psychosoziale Komponente, die über den massiven Selbstwerteinbruch der Betroffenen und auch deren Kinder die familiäre Leistungsfähigkeit auf Jahre, mitunter auch für Generationen, herunterbremst, ist dabei mit ins Auge zu fassen.
Tatsache ist jedenfalls, dass das derzeit geübte Verwertungssystem von Immobilien oft nicht im entferntesten befriedigende Ergebnisse für die am Verfahren Beteiligten bringt und damit ist jede alternative Lösung besser und erstrebenswerter. Hierfür individuell passende Konzepte zu erstellen, ist sicher mit ein Schwerpunkt unserer Arbeit als BZVI. Lässt man ein System ablaufen, gewissermaßen mechanistisch und automatisch, ist das wie ein Fahrzeug ohne Lenker: Es fährt zwar, aber im Endeffekt gibt es bei der nächsten Kurve schon große Schäden, mitunter sogar Tote.
Was machen Versteigerungs-Verhinderer denn sonst noch so? Mitunter schüren sie die weit verbreiteten Feindbilder, sowohl bei den Betroffenen als auch bei der Gegenseite: Aus einstigen vertrauenswürdigen Kreditgebern werden dann Mafia-Bosse, aus den Betroffenen werden Querulanten, aus den Rechtspflegern werden Rechtsbrecher – und die Katastrophe ist schließlich komplett. Keine Aussicht auf ein lebbares Arrangement, kein Zusammenwirken der Menschen mehr, die im Verfahren ihre Rolle spielen, gleich auf welcher Seite und mit welcher Aufgabenstellung.
Aus unserer Sicht ist es nicht zielführend, gewissermaßen als Robin Hood den “Feind” vom Pferd zu schießen, sondern es kommt darauf an, Ängste und Zurückweisung auf allen Seiten abzubauen, damit schließlich die beteiligten Menschen einander begegnen und anfangen können, gemeinsam nach besseren Wegen zu suchen, ihre Vorstellungen zu überprüfen und schließlich sehr kreativ etwas ganz Neues zu schaffen. Das ist unser Ziel, und am Ende muss (ob mit oder ohne Immobilie) eine gesunde, tatkräftige und an der Gesellschaft aktiv mitbauende Familie herauskommen, möglichst ohne würgende Restschulden in nicht zu bewältigender Höhe, und möglichst ohne dass sie jede Woche beim Sozialamt Schlange stehen.
Wenn uns in einem Fall so etwas gelingt, dann allerdings bin ich froh und auch ein bisschen stolz darauf, wenn wir “Versteigerungs-Verhinderer” genannt werden. Wir sind keine Dienstleister, wir sind im Grunde genommen nur eine versammelte “Lernhilfe” für Betroffene, auch Gesprächspartner für deren Gläubiger, nach Möglichkeit auch insofern Schlichter, sofern man bereit ist, uns sein Ohr zu leihen. Natürlich empfehlen wir öffentlich zugängliche Literatur, welche die gesetzlichen Rahmenbedingungen möglichst gut und umfassend erläutert, wir ermuntern unsere Mitglieder, sich selbst kundig zu machen, auch mit dem Ziel, dass die enorme und völlig sinnlose “Opferhaltung” vieler Betroffener überwunden werden kann. Ja, wir wollen am liebsten erreichen, dass jeder Betroffene zum Spezialisten im eigenen Fall heranreift, denn wir sind überzeugt davon, dass nur dann auch eine bewusste Aufarbeitung der Vergangenheit, der eigenen Rolle als Mitverursacher der Misere und eine funktionierende Zukunftsplanung erreicht werden kann.
Wie viele von uns sind denn bereit, zuzugeben, dass sie nur weggelaufen sind über die Jahre, dass sie den Kopf in den Sand gesteckt haben oder sich hinter irgendwelchen “Propheten” versteckt haben, anstatt wirklich Verantwortung für sich selbst zu übernehmen, sich selbst zu respektieren und im besten Sinne zu Tätern zu werden? Wie groß war unser umfassenden Anspruchdenken und die Verweigerung der selbstverantwortlichen Planung? Wie viele andere Menschen haben wir mittlerweile schon für das verantwortlich gemacht, was wir einst doch selbst so entschieden hatten?
Ein Gericht kann nur auf Antrag tätig werden! Also muss man lernen und verstehen, welche Rechte man als Schuldner hat und wo man sich gerechtfertigter Weise zu Wort melden kann. Schließlich kann man nicht vom Gericht erwarten, dass es sich ohne die Hilfestellung über entsprechende Anträge der Rechte annimmt, die man vom Gesetz nun einmal bewilligt bekommen hat (…auch wenn es beispielsweise immer wieder traumhafte Rechtspfleger gibt, die im Rahmen der gesetzlich empfohlenen Prozessführungsrichtlinien mustergültig auf die verschiedenen Rechtsmittel verweisen und diese auch dem betroffenen Schuldner genau erläutern). Es ist jedenfalls letztlich völlig unverantwortlich, sich einerseits untätig schlachten zu lassen, auf der anderen Seite aber seine Depressionen zu Lasten der Familie und der großen Lebensgemeinschaft zu pflegen und dabei einen latenten Hass gegen vermeintliche Obrigkeiten oder auch gegen diejenigen zu entwickeln, die seinerzeit das Geld zur Verfügung gestellt haben, damit man sich seinen Traum verwirklichen konnte.
Natürlich werden auf allen Seiten und überall Fehler gemacht, jeder Bankangestellte sorgt sich um die Abschlussquoten, die er jeden Tag erbringen muss, sorgt sich um seinen Arbeitsplatz, wenn er nicht erfolgreich genug ist, ist auch teilweise so geschult, dass er die Ängste und Bedenken zukünftiger Kreditnehmer zu bagatellisieren lernt, anstatt die Leute entsprechend zu beraten und Sie vor möglicher Überforderung zu warnen. Aber: Ist er deswegen daran schuld, wenn die Sache gescheitert ist? Das mag wohl manchmal so sein, und zwar dann, wenn er sehenden Auges Leute bewusst ins Verderben schickt. Aber das sind sicher nicht viele Leute, die solch eine Mentalität entwickelt haben. Meist ist es das selbst ablaufende System auch dort, welches letztlich die falschen Weichenstellungen begünstigt.
Auch sei es nicht verschwiegen, dass es bei den Gerichten auch Menschen gibt, die dem permanent enormen Abwicklungs-Druck nicht standhalten und im Gerichtsalltag mitunter Wege der Vereinfachung und Beschleunigung gehen, die sich als sehr bedenkenswürdig erweisen und den Eindruck einer fundamentale Befangenheit hinterlassen. Auch diese bedürfen der helfenden Kommunikation, um unbeschädigt zurück finden zu können zu ihrem gesetzlichen Auftrag.
Und natürlich dominiert auch sehr oft die Blindheit und überstarke Fantasie der Kreditnehmer, die ihre Augen vor einer verantwortlichen Gesamtschau verschließen oder verzückt irgendwelchen kühnen Versprechungen, von wem auch immer, lauschen – nicht ohne einen gewissen “Schaudergraus” ob der eigenen Kühnheit, und auch gebauchpinselt von der hohen Wertschätzung, die ihnen zuteil wird, da man sie als kreditwürdig einstuft. Das ganze verknüpft noch mit einem völlig ungerechtfertigten konsumorientierten Anspruchsdenken: Sorge für mich, lebe mich…! Welch grausames Schattenspiel, auf das wir uns da eingelassen haben als Gesellschaft.
Und unser Geldsystem, das fortlaufend irreal virtuelles Geld erzeugt, das durch permanente Vernichtung von realen Werten immer weiter gefüttert werden muss, um dann schließlich doch irgendwann (…wohl recht bald übrigens…) übersatt zu zerplatzen – das ist der große Menschenfresser, den wir unbedingt sehr bald bezwingen müssen, bevor er uns alle zerquetscht. Man kann es eigentlich ganz einfach auf dem Rand einer Tageszeitung berechnen: Jedes Zinseszins-System frisst sich selbst zu Tode, etwa alle 40-70 Jahre, je nach Geldumlaufgeschwindigkeit. Man sollte das virtuelle, das Buchgeld, abtrennen vom realen Geld (das durch Sachwerte gedeckt ist), und welches daher ein gewissermaßen “erlogenes” Zahlungs- bzw. Wertversprechen darstellt. Ja, nur dort sollte Spekulation noch erlaubt sein, dieser große Lotterie-Topf, der heute bereits wohl mehr als 90% des zahlenmäßig erfassten Geldes ausmacht, sollte sich selbst und seinen Gesetzen überlassen werden und einer freien andauernden Wertberichtigung unterworfen sein. Unser echtes Tauschmittel jedoch sollte isoliert davon wieder zurückfinden zu einem wirklichen Dasein und den Menschen dienstbar, damit diese sich gegenseitig mit den lebensnotwendigen Dingen und Hilfen versorgen können.
All diese Probleme können nur wir miteinander lösen. Da, wo Menschen wirklich einander begegnen, endet die fatale Dominanz von Systemen und Regelwerken. In der lebendigen Kommunikation liegt die kreative Quelle für alle echten Lösungswege, beherrschende Abläufe und Gesetze werden zurückgeführt auf ihren dienstbaren Charakter, wozu sie ja ursprünglich gemacht worden sind, und die Einsichtsfähigkeit der Beteiligten kann heranwachsen zu einem Fundament der einverständlichen Vorgehensweisen mit dem Ziel, gesamtwirtschaftlich und menschlich gesehen die Verluste aus dem verunglückten Gewordenen zu minimieren und gerecht zu verteilen, so dass alle ein würdiges Leben weiterführen können, als Gleiche unter Gleichen, gewissermaßen als Könige unter Königen.
In diesem besten Sinne lasst uns alle zu perfekten Versteigerungs-Verhinderern werden! Und ein herzliches Dankeschön an den Immo-Makler am Telefon, der mir dieses Thema zugespielt hat.
Ihr/Euer admin